Wie kam es zum Gemeindezentrum Apostel-Johannes im Märkischen Viertel und warum sieht es so aus?

Bevor ich das Erscheinungsbild des Ganzen und seine baulichen Details an Fotos erläutern kann, die 1971 nach der BAUFERTIGSTELLUNG aufgenommen wurden, möchte ich drei Grundrisse und zwei Schnitte zeigen, die damals in der Zeitschrift Baumeister erschienen; die Legenden belegen zugleich, wie sich das Raumprogramm zusammensetzt. Von oben nach unten zeige ich Ihnen das 2.OG (Clubräume), das 1.OG (Hauptebene, Kirchraum/Gemeindesaal, zusammenschaltbar) und das EG (Schwesternstation, Jugend-/Konfirmandenräume) sowie 2 Querschnitte.

Anmerkung: nur ein kleiner Teil des Wohntrakts ist unterkellert; dort liegen die Hausanschlußräume. Ein Hinweis auf den hohen Grundwasserspiegel.

Ein Foto der markanten Ostfassade des Kirchbaukörpers; links am Turm das Plakat zur Einweihungsfeier. Sie sehen: Dadurch, daß der Gemeindetrakt weit in den Straßenraum hineinragt, ist das relativ niedrige Bauwerk des Gemeindezentrums in der Lage, sich gegenüber den Wohnriesen nebenan und gegenüber zu „behaupten“. Die geschlossene Außenhaut des schalungsrauhen Sichtbetons trägt dazu bei, dem auf Stelzen gestellten Kirchbaukörper Gewicht zu geben.
Das Stelzengeschoß, wo zunächst einmal die Pkw-Stellplätze untergebracht werden mußten – bis die Bauaufsicht einsah, daß die Stellplätze der Grundschule nebenan am Wochenende den Gottestdienstbesuchern, sofern sie mit dem Auto kommen, frei zur Verfügung stünden – beherbergt nun die Jugendräume, die sich als eigene Raumgruppe quasi nur „unterstellen“ und über die seitliche Anböschung mit dem Erdboden verbinden.  Lediglich neben der Sakristei, die im Untergeschoß des Turms untergebracht und separat auch von außen zu betreten ist, ist noch Platz für zwei Stellplätze, die nun das einzige sind, was noch an den ursprünglichen Planungsansatz erinnert. Dort können die Pfarrer parken, die als Gäste von außen kommen.

Der schalungsrauhe Sichtbeton

…war für uns damals eine Selbstverständlichkeit, waren wir doch mit den berühmten Beispielen von Betonbauten aufgewachsen, wie sie der Schweizer Architekt Le Corbusier z.B. in Frankreich und in der indischen Stadt Chandigarh errichtet hatte. Baumaterialien so zu verwenden, daß ihre Herstellungsweise nicht versteckt, sondern als ästhetisches Motiv genutzt wurde, war eine der Maximen der Moderne, die wir im Studium „absorbiert“ hatten.

STAHLBETON, im 19. Jhd. erfunden als Mischbaustoff aus einer druckfesten Masse zementgebundener Zuschlagstoffe, bewehrt mit zugfesten Rundstählen, ist zweifellos der wichtigste moderne Baustoff (neben viel kostspieligeren reinen Stahlkonstruktionen). Technologisch ist seine Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen. Damals war es die Entdeckung spezieller Zuschlagstoffe, die Druckfestigkeit mit Wärmedämmfähigkeit verbanden, die uns schon fasziniert hatte, als das Alvar-Aalto-Haus im Hansaviertel 1957 mit Dämmplatten aus Blähton verkleidet wurde. Inzwischen bestand die Möglichkeit, so etwas auch auf der Baustelle als Ortbeton herzustellen, und dafür entschieden wir uns hier; zu verlockend war die Vorstellung, wie in Zeiten der Backsteingotik ein Baumaterial zu verwenden, das drei Aufgaben zugleich erfüllte: die tragende, die hüllende und die dämmende Funktion. Unsere Fachingenieure unterstützten diesen Gedanken. Was wir nicht ahnten, war, daß die beauftragte Firma mit diesem neuen Werkstoff noch keine Erfahrungen hatte. Und so bekamen wir ein ungemein expressiv wirkendes Betonbauwerk, dessen Baustoff nicht richtig durchgerüttelt worden war und deshalb nach wenigen Jahren Haarrisse in der Außenhaut zeigte und Rostflecken bekam. Ein DESASTER, das im nachhinein nicht behoben, sondern nur verborgen werden konnte. Das kirchliche Bauamt entschied sich für eine Zusatzaußendämmung, wie sie damals vielfach in der Stadt verwendet wurde, und wir Architekten durften nur noch die Farbgebung beeinflussen.

Sie kennen diesen Zustand seit Jahren, haben sich längst darin eingerichtet und eine nun 50-jährige Geschichte hinter sich – wir Architekten dagegen tun uns immer noch schwer damit; wir müssen dem rohen Urzustand nachtrauern, zumal die Detaillierung der Wandflächen und Stützen beträchtlich gelitten hat. Sehr tröstlich ist allerdings, daß die Innenräume immer noch so aussehen, wie wir sie angelegt haben. Dafür sind wir dankbar.