Sommergruß

“Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;

schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.”
(Paul Gerhardt 1653, EG 503)

Immer wieder staune ich über Menschen, die trotz allem, was sie in ihrem Leben durchmachen mussten, den Blick für Gottes Güte und seine Wunder nicht verloren haben.

Was hat nicht der alte Paul Gerhardt seit seiner Kindheit an beängstigenden Krisen und schmerzlichen Abschieden zu durchleiden gehabt: Der 30jährige Krieg mit seinen unmenschlichen Grausamkeiten und den mehrfachen Epidemiewellen, denen man damals schutzlos ausgeliefert war, ließen ein traumatisiertes Land zurück. Und dennoch konnte Paul Gerhardt die schönsten und hoffnungsvollsten Lieder anstimmen und Gottes Geschenke in dieser Welt dankbar wahrnehmen.

Sein Lied lässt durchscheinen, dass die Freude immer wieder auch „gesucht“ werden muss; dass sie uns in dem, was Menschen einander antun, immer wieder auch leicht abhanden kommt. Aber man merkt, wie er selber die Erfahrung hat machen können, dass der, der sie sucht, sie am Ende auch finden kann. Zumal, wenn er sich auf den Weg begibt und hinausgeht. Das muss gar keine weite Sommerreise sein. Es kann einfach ein Gang hinaus in die Natur sein.

Wer hinschaut, fängt an zu staunen, wie vielfältig und wunderbar die Schöpfung ist, deren Teil wir sein dürfen. Schau an! Schau nur wieder einmal neu hin – und siehe, wie die Gärten „mir und dir sich ausgeschmücket haben“. „Mir und Dir“ ganz besonders betont, denn wohl kein anderes Lebewesen dieser Erde kann die Natur in diesem Umfang, in ihrer vollen Farbenpracht und in ihren Zusammenhängen so wahrnehmen wie wir Menschen. Die meisten Tiere nehmen oft gar nicht mal alle Farben wahr. Wir Menschen können und dürfen die Schöpfung in ihrer ganzen Schönheit genießen!

Die Sommerzeit ist die beste Zeit, um es sich – trotz aller gegenwärtigen Krisen – neu klar zu machen:
Gott beschenkt uns so überreich mit seiner Gnade! Mich und Dich, alle Menschen. Und wir dürfen und sollen sie miteinander genießen, teilen und bewahren – trotz aller Schrecken und Unmenschlichkeiten dieser Zeit.

Eine gesegnete, frohe Sommerzeit
wünscht

Ihr und Euer
Pfarrer
Ralf-Ulrich Kowalke